Endlich, endlich geht’s los. Sonntag nach schlecht geschlafenen Nächten. Erster „offizieller“ Termin um 8.00 Uhr Evang. Kirche Veldenz. Wir hatten die Pferde Santi und Maryam vom Veldenzer Bergfrieden bereits am Samstag zum Schloß geritten, was den räuberischen Diebstahl einer ganzen Stunde wertvoller Zeit auf Sonntag ausgleichen sollte. Die Spannung löste sich im Burghof beim Aufsatteln auch nicht. Christas Jugendliche, die das Schloß an diesem Wochenende bevölkerten rieben sich, sofern um 7.00 Uhr bereits auf, verwundert die Augen, als sie Paul und mich in historischer Kleidung bemerkten. Als diese zwei merkwürdigen Gestalten ihren Pferden auch noch Couvertüren mit dem blauen noch rechts anspringenden Löwen anzogen war wahrscheinlich alles vorbei. Das Aufsitzen gestaltete sich bei mir nicht gerade fernsehgerecht. Immer wieder verfing sich der lange Wappenrock in der hinteren Sattelstütze meines MA-Carmargue-Sattel. Aber irgendwann ritten wir zwei wie Weiland Graf Gerlach V. mit seinem Edelknecht Paul aus dem Schloßtor durch das tief schlummernde Thalveldenz die drei Kilometer zur Kirche.
Mir wird jetzt noch ganz schummrig, wenn ich daran denke. Da erwarteten uns meine (fast) ganze Familie, Christa, die Jungs mit den Mädels, die ganze mittelalterliche Burgmannschaft, die Garde Metz, viele von unseren guten Freunden, Millionen Veldenzer und, was mich besonders berührte, eine ganze Phalanx meiner Brüder vom ritterlichen Orden St. Johannis vom Spital zu Jerusalem in ihren schwarzen Umhängen und acht-spitzigem Kreuz!
Unser ev. Pfarrer Thomas Berke hielt die kleine Andacht in ökumenische Eintracht mit dem kath. Pastor Andreas Kern. Ich weiß nicht, ob ich mich als „fromm“ bezeichnen darf, aber Thomas hat Recht. In dieser kleine halben Stunde fanden beide die richtigen Worte für das Pilgern, dazu in seiner verschärften Form. Christa rutschte in der Kirchenbank noch näher. Ich hatte das Gefühl, die ausverkaufte Kirche dachte mit uns zusammen an das was kommen würde in den nächsten 3 Monaten und 90 Tagesritten.
Der Abschied von Christa und Familie drohte zu schwer zu fallen. Dann lieber – nach Schloßschlüsselübergabe und erstem Pilgerstempel – aufs Pferd und mit Paul die Hauptstraße ab Richtung Mülheim im nunmehr strahlenden Sonnenschein.
Das „Dritte“ soll einen schönen kleinen Bericht gebracht haben. „Max“ begleitete uns mit dem großen schwarzen Ding auf der Schulter, von dem Santi überhaupt nichts hält, sogar über Trier bis Metz zur Mairie.
Premiere für das von Lukas bearbeitete Komoot-Programm auf meinem Handy:
Der Paul und mir natürlich bestens bekannte Weg nach Klausen war als erstes Teilstück mit der Alternative „Mountainbike“ ausgewählt worden aus „Wandern, Fahrrad, Rennrad, Laufen, Fahrrad mit Schotter, Mountainbike Alpin und Bergtour“. Und es funktioniert doch! Selbst auf einem Pferd! Auch der angepeilte Durchschnitt von ± 5 km Pferde im Schritt und Trab stimmte fast haargenau, jetzt schon am Anfang.
Zweiter Pilgerstempel von dem freundlichen, beleibten, im weißen Dominikanerhabit beeindruckenden Pater vor der Wallfahrtskirche – immer noch im warmen Sonnenschein des letzten Märztages. Die Pferde durften in der Grünanlage des Pfarrgartens grasen. Einige Freunde waren – zum letzten Male – erschienen, auch Bernhard und Hildegard. Dann aber Quer über die Hetzerather Hexenheide zum ersten Übernachten. Goserts hatten uns freundlicherweise zu ihrem Reiterhof bei Schweich eingeladen und Helmut betreute uns persönlich. (Nur) dank der Komoottante sind wir durch die Wallachei wieder nach nur drei Stunden Ritt gut angekommen. Paul und Helmut versorgten Santi und Maryam mit Abspritzen der Fesseln, Abreiben, Füttern, beruhigen und ab zu den vielen neugierigen Kollegen in den Boxen. Abends stieß dann Quartiermeister Nr. 1 „Vezelay“ Hermann nebst Gattin und Christa und die Quartiermeister Nr. 2 Thomas und Andreas und Nr. 3 Dieter„Roncevalles“ im „Leinenhof“ dazu.
(Wieso jetzt ganz andere Namen und Aufgaben erscheinen hat eine besondere Neudeutung, die ich aber lieber an dieser Stelle noch nicht aufklären möchte: Spannung!)