Unserer Vorbereitungen für den langen Ritt im Frühjahr  haben einen ersten Höhepunkt erreicht. Und dies mit einer Reihe von Überraschungen.

Meinen Sommerurlaub konnte ich fruchtbar und furchtbar gut nutzen, meine Stute kennenzulernen. Um das Ergebnis vorweg zu nehmen: Es ist unglaublich, wie gut das Pferd mit mir zurecht kommt, auch vice versa.

Die Stunden Reitunterricht, die die Vorbesitzerin Heike in mich und meinen Hintern investierte, und es war deren Idee und kostenloses Geschenk, erwiesen sich als geniale Investition. 

Drei Tage – erstes Abenteuer

Mittwoch, 22. August 9 Uhr Burghof von Schloß Veldenz.

Es fängt schon gut an. Christina und Lena mußten kurz vor dem Abritt absagen. Ein Tierarzt meinte, den geplanten Ritt über drei Tage mit fast 100 km quer durch den Hunsrück deren Pferden nicht zumuten zu wollen.

Ritter Herbert von Kimbelstein mit Kerry war vorsichtshalber schon am Dienstag mit Pferdehänger und voller Ausrüstung zum Schloß gekommen.

Edelknecht Paul von Neukirch brachte seine Araberstute Marijam mit meiner Santi schon am frühen Morgen noch bei relativer Kühle von der Koppel

und Junggraf Eberhard von Veldenz kam mit der Stute Davina zusammen mit dem Ritter.

 

Keiner der acht Beteiligten hatte zuvor mehrere Tage hintereinander in mittelalterlicher (Aus-) Rüstung von Pferd und Mann die avisierten ca.100 km zurückgelegt.

Ob das Zeug halten würde?

 

Das Satteln hatte ich inzwischen gelernt. Natürlicherweise gegenüber den drei Pferdeprofis mit doppeltem Zeitaufwand. Schließlich geht das Spiel, bei dem dich Alle beobachten, nicht nur um Pad, Sattel und Trense.

Da ist ein riesiges mit großen blauen Löwen appliziertes Stück Stoff der guten Santi passend anzuziehen. Das geht über dem A. des Pferdes problemlos. Die Dame genoß diesen Teil der Kuvertüre sichtlich, da Dame. Die Sorge, das Kopfstück des mittelalterlichen Pferdekleidungsstückes mit den vier Öffnungen für Augen und den großen Ohren würde erschrecken, war unbegründet. Nur das Aufsitzen vor dem Publikum mit dem viel zu schweren Dolch am Gürtel rechts und dem - relativ leichten - Eineinhalbhänder im breiten Rittergürtel links war nur nach gewissen Anläufen von Erfolg gekrönt. Schuld daran war natürlich Santi, die einfach nicht stehen wollte …

Immerhin sind wir Acht dann doch unter dem Beifall der vielen jungen Leute, die ihre Jugendfreizeit auf dem Schloß genießen, standesgemäß aus dem Tor geritten.

 

Ziel: Einladung der Veldenz-Stadt Lauterecken am Glan zur Feier der Einweihung des Veldenzschlosses am Freitag nebst 675 Jahre Stadtrechte und am Sonntag Veldenztag des Fördervereins Pfalz-Veldenz für die Bürger der Gemeinden des ehem. kleinen Fürstentums.

Also unsere Aufgabe war klar, wir sollten drei Tage später um 18 Uhr die, so war die anfängliche Planung, ca. 80 km geschafft haben.

 

Zur Mittagszeit waren wir angesagt in der Römersiedlung Belginum (Gemeinde Morbach) gegenüber der Wasserburg (sic!) des Kurfürsten Balduin von Trier, direkt an der Hunsrückhöhenstrasse.

Der wolkenlose veldenzblaue Himmel entließ, sich Stunde um Stunde unaufhaltsam steigernd, eine unbarmherzige Sonne. Die meist nicht geteerten schattigen Waldwege wurden schon deshalb den Feldwegen vorgezogen.

Dank der Milde der drei geübten Reiter verblieb der kleine Trupp entweder im Schritt oder im Trab. Santi bevorzugte ständig die schnellere Gangart, ich die andere Alternative. Wir einigten uns aber gütlich.

Mein Mittelaltersattel wird z. Zt. in der Camargue angefertigt und soll in sieben bis acht Wochen fertig sein. 

Ariane Ryniak kümmert sich so liebenswürdig um jedes Detail, vom Anpassgitter für Santi bis zur meiner Beinlänge.

Der jetzt noch von Heike ausgeliehene Westernsattel stört mich wegen des Sattelknaufes, der an John Wayne erinnert. Dennoch komme ich gut zurecht, auch mit dem ungewohnten Sitzkomfort. Schließlich sind wir keine Wanderreiter, sondern Ritter ….

Die Mittagspause im Schatten nach dem freundlichen Empfang der Belginum-Museumsleute mit viel Wasser tat Allen gut. Unsere Pferde konnten grasen und wir razzen. So langsam lerne ich auch den schnellen  Halfter/Trensentausch, während ich die Spannung des Sattelriemens immer noch Paul überlasse. Letzteres bringt allerdings  nach Stunden und gelegentlichen kurzen Galoppaden regelmäßig den Beweis, dass seine Pferdeliebe meinem Komfort vorzugehen scheint, ich muß ständig die Waage über die Steigbügel halten. Am zweiten Tage habe ich dann ein engeres Loch im Gurt gesucht - und gefunden, ohne dass Santi sich beschwert hätte oder abends  beim Absatteln etwas aufgefallen wäre.

Darüber schmunzeln die drei Ritter natürlich, sind aber äußerst milde zu mir.

Ich zu denen aber auch, weil ich das unsichere Gefühl hatte, dass wir irgendwie die Direttissima um ein paar Meter in dem nicht ganz übersichtlichen Gelände verfehlt hatten. Das kleine Manko wurde mir dann abends mit spanischem Weißwein kompensiert.

 

Grand maleur: Des Junggrafen Roß Davina lahmte etwas.

Hufschmied Paul sah sich beim nächsten Halt die Vorderhufe an. Tatsächlich waren beide Eisen verbogen. Der steinige Forstweg von eben hatte seinen Tribut gefordert. Ruck zuck klemmte Paul sich die Vorderläufe der Stute zwischen die Beine, alte Nägel raus, an einem Baumklotz mit einem größeren Stein die Eisen zurechtgekloppt und mit neuen Nägeln (aus einem mitgebrachten geheimen Kästchen) wieder angeschlagen. Und weiter ging´s.

 

Die Hottenbacher Mühle bot für Roß und Mann nach 30 km und sechs Stunden im Sattel wunderbare Unterkunft für die erste Nacht.

Selbst die blauweissen Kuvertüren sahen alle noch gut aus, nur der eine oder andere Haltebendel am Sattel war gerissen. Und ich konnte noch ohne Hilfe (mit Schwert) absteigen!

 

Zweiter Tag:

Ziel war ein Reiterhof in Weiler bei Monzingen über der Nahe.

Quartiermeister Paul mit dieser Araberstute meist vorneweg, dann der Graf mit Santi und dann, glücklicherweise und immer wieder hilfreich, der Ritter nebst Junggraf. Auf abenteuerlichen Wegen, Furten, Steigen und bis zum Nachmittag klugerweise Bundesstrassen meidend, unser Öffnungsrecht für Schloß Dhaun verschmähend, dafür einen fetten Umweg über das schöne St. Johannisberg goutierend, ist es wieder Ritter Herbert, der die Einladung einer attraktiven Blonden in einem kleinen Dorf zu einer komfortablen Rast organisiert. Letzte Rettung bei jeder Menge Hitze für Roß und Reiter! Die freundlichen Reaktionen von unserem Anblick überraschter, meist weiblicher Autofahrer relativierten sich dann leider einige Kilometer auf der B 41 Richtung Bad Sobernheim. Nicht ganz unschuldig war auch Paul, der rechter Hand den Araber führte und linker Hand Minou, eine junge bildhübsche Malinois-Hündin, die mit ihrer schwarzen Schnauze und riesigen Ohren während des gesamtes Rittes entweder vor uns den Weg erkundete oder, akrobatisch, inmitten der sechzehn Pferdeläufe herumlief. Wieder gegen fünf Uhr konnten wir unser Quartier in Weiler beziehen und wurden - wieder - mit einem guten Abendessen verwöhnt.

Davon abgesehen, dass Paul die Pferde morgens dann um 6 Uhr versorgen mußte, was niemand ihm aufgetragen hatte, konnten wir nach einem tollen Frühstück zur letzten Etappe, dem dritten Tag satteln.

Unsere lieben Pferde hatten erstaunlicher Weise, so wie erträumt, die ungewohnten Strapazen überstanden. Ritter, Junggraf und Edelknecht und ich fühlten uns wohl, nur leichter Muskelkater, von Wolf selbst bei mit keine Spur, dafür Lampenfieber bei dem vereinbarten Einritt um Punkt 6 Uhr in der sicherlich festlichen Veldenz-Stadt Lauterecken. Anstelle der geplanten kürzesten Etappe mit ca 25 km wurden es dann 35 km. Morgens Regen und den neuen Reitermantel zurückgelassen, weil mein Ritter in Veldenz nur die Augen verdrehte. Dieser Herr schützte dann sich und seinen Wappenrock mit einem ebenso lächerlichen wie effektiven Poncho aus Plastik!

Mittags war der Regen vergessen, die Sonnenuhr aber bereits weiter fortgeschritten, als geplant. Also verzichteten wir und die Pferde auf die Mittagsrast und ritten, dann im zunehmenden Sonnenschein zügig weiter - bis inmitten von Wald und Dornengebüsch der wirklich enge Weg vor unüberwindlichen Treppen endete. Und jetzt mit vier Pferden zurück oder wenden oder was? Wie nicht anders zu erwarten machten Paul, Herbert und Eberhard im steilen Hang auf der Stelle kehrt - und ich stand da mit der guten Santi wie bestellt und nicht abgeholt, entweder in den Dornen bergseitig landend oder links den steilen Hang abrutschend! Ritter Herbert stieg ab und erbarmte sich meiner. Unvergesslich. Nach bestimmt 4 km zurück lief es dann aber so gut, dass wir rechtzeitig, wie wir meinten, wenn auch ziemlich verdreckt, verschwitzt und auch erschöpft ins Glantal gelangten. Die letzte Wegstrecke gemütlich neben der Draisine trotteln, mal traben und nur  pünktlich ankommen.

 Und dann passierte es, vielleicht 3 km in Sichtweite der Stadt.

Um seinen Araber zu schonen (?) pflegte Paul, der Hufschmied, gelegentlich sein Pferd zu führen. Paul ist recht gut zu Fuß, erinnert mich an den 5 km Schnitt der mir bekannten Santiago-Pilger, also recht forsch. Und dann versuchte Paul aufzusteigen. Paul, der fast täglich reitet konnte das ausweichende Pferd nur mit Mühe halten - und versuchte es dann mit Schwung. Marijam wich aus und knallte mit dem dem hinteren linken Lauf gegen just den Felsblock, den Paul nutzen wollte. Sie mußte dann bis in die Stadt geführt werden, lahmte aber nur anfangs.

 

Nicht zu fassen, aber wahr,mit dem sechsten Glockenschlag gelangten wir zum Neuen Schloß. Sogar Paul war glücklich wieder aufgestiegen.

 

Nach 100 km und drei Tagen im Sattel pünktlich am Veldenzplatz angekommen erwarteten uns die Gräfin und der gräfliche Haushalt, also Christa, Rosi, Heinz, Knappe und fröhlich winkend viele wild fofografierende Lauterecker - indes null Fanfare, kein Bürgermeister, etwas verspätet ein  Dezernent, null Grafentrunk, nichts für Reiter, und Pferde sowieso nicht.

 

schloss veldenz santiago vorbereitungen 01

 

Unsere Sonnenuhr mußte dann am Wochenende mit der von Lauterecken erst synchronisiert werden, dann klappte es aber. Unser Glücksgefühl, die Premiere des Santiago Abenteuers vom Grundsatz her gemeistert zu haben und  dieses Veldenz-Wochenende mit vielen geschichtsbegeisterten oder zumindest -interessierten Menschen feiern zu dürfen ist geblieben. Darüber und das Übrige dieses Wochenendes werden wir mit den übrigen Protagonisten in den nächsten Tagen bei einem guten Riesling noch bequatschen. Es geht also voran.

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